G’day, Mates!
Heute stelle ich euch den Grund für Lees schaflose Nächte vor: Elias. Ihr Schwarm.

Ich sehe auf, als ein Junge den Raum betritt. Auffallend ist sein linkisches Auftreten. Ich muss unwillkürlich grinsen. Seine Haltung ist typisch für Jungs in seinem Alter; kein Körperteil scheint zu dem anderen zu passen, wie bei einem Welpen, der ständig über seine eigenen Füße stolpert. Er sieht auf und ich bemerke seine braunen Augen, die meine Seele zu röntgen scheinen. Unsicher sieht er mich an und ich beschließe, ihn aus der unangenehmen Situation zu erlösen.
»Hallo Elias«, sage ich und reiche ihm die Hand.
Er erwidert den Händedruck. »Hi.«
Ich zeige auf den Sessel gegenüber von mir. »Setz dich doch.«
Elias nimmt Platz und schaut mich abwartend an.
»Wollen wir anfangen?«
»Okay. Was soll ich sagen?«
»Stell dich einfach erst mal vor. Wie du heißt, wie alt du bist, was du gerne machst und was du eher nicht so magst. Und dann stelle ich dir ein paar Fragen.«
»Ähm. Also ich bin Elias und fünfzehn Jahre alt. Ich gehe in die achte Klasse. In meiner Freizeit spiele ich gern Computer und höre Rapmusik. Außerdem treff ich mich gerne mit meinem besten Kumpel Danny zum Skaten, nur um festzustellen, dass ich es nicht kann. Ansonsten mag ich Pizza und Spaghetti. Gemüse ist nicht so meins. Dann lieber Obst.«
»Danke. Erzähl doch mal ein wenig von dem Sommer. Wie kam es dazu, dass du freiwillig mit vier Mädchen wegfährst?«
Elias schweigt und fährt sich mit einer Hand über den Nacken. »Naja.« Er sieht an mir vorbei. »Es gibt da dieses eine Mädchen, mit dem ich seit vielen Jahren in eine Klasse gehe. Sie ist einfach … « Er verstummt. »Die Beste von allen. Ich hab sie unheimlich gern. Durch Gespräche mit ihren Freundinnen habe ich rausbekommen, dass sie aus unserem Dorf wegzieht. Das hat mich getroffen und ich hab Panik bekommen. Jetzt oder nie, dachte ich. Naja … ich hab stundenlang mit meinen Eltern diskutiert, bis ich ihnen sagen musste, dass ich Lee sehr gerne habe, damit sie mich gehen lassen. Das hat zu einigen Streits geführt, weil meine Eltern das unvorbereitet getroffen hat. Aber sie haben gesagt, dass ich alt genug bin, um Konsequenzen meiner Entscheidungen zu tragen und ja. Da durfte ich fahren. Es war nicht immer einfach, mit den Gackerhühnern, wie Danny und ich sie manchmal nennen, auszukommen, aber wir haben das ganz gut hinbekommen. Es war auch irgendwie witzig, weil ich Mädchen noch sie aus so kurzer Distanz beobachten konnte.«
Ich grinse. »Das hast du nett formuliert.«
Elias lacht. »Danke.«
»Kann ich dir einfach noch ein paar wahllose Fragen stellen? Und du antwortest am besten mit dem, was dir als Erstes dazu einfällt.«
»Klar.«
»Was wolltest du werden, als du ein Kind warst?«
Elias lacht. »Feuerwehrmann.« Er hebt abwehrend die Hände. »Ich weiß. Total klischeehaft. Aber so war es. Immerhin waren Feuerwehrmänner im Kindergarten sehr angesehen und jedes Mädchen wollte einen heiraten.«
»Was tust du, um dich zu entspannen oder abzureagieren?«
»Ich zocke, um mich abzureagieren. Das tut sehr gut. Wenn ich mich entspannen möchte, gehe ich spazieren. Das bringt mich immer runter.« Er schaut mich zerknirscht an. »Das bleibt aber unter uns, ja?«
»Welche übernatürliche Fähigkeit hättest du gerne?«
»Ich würde gerne Gedanken lesen können. Das muss bei ersten Dates echt witzig sein. Aber unsichtbar zu sein ist auch cool. Da würde ich definitiv meine Kunstnote aufbessern.«
»Wie stehst du denn zu Kriminalität?«
Elias zuckt mit den Schultern. »Lädt nicht jeder illegal Musik im Netz runter? Oder Spiele? Also wenn das so ist, bin ich total kriminell.« Er grinst.
»Was glaubst du, passiert nach dem Tod?«
»Darüber habe ich mir bisher keine Gedanken gemacht. Ich lebe im Hier und Jetzt und was JETZT passiert, ist wichtig. Der Rest interessiert mich nicht. Ich bin zu beschäftigt, zu leben.«
»Was ist das Peinlichste, was dir je passiert ist?«
»Puh. Am liebsten würde ich jetzt sagen, dass mir noch nie was Peinliches passiert ist, aber das ist eine Lüge. Lee hat mich oft in Verlegenheit gebracht, aber das war eher unangenehm. Nicht peinlich.«
»Was würdest du an dir ändern, wenn du könntest?«
»Ich würde gerne besser skaten können. Gegen Danny stinke ich total ab. Aber mir fehlt der Ehrgeiz, besser zu werden.«
»Hast du einen Terminkalender? Benutzt du ihn?«
»Ich tippe ab und an was ins Handy, nur um es dann zu vergessen.«
»Eine abschließende Frage: Wo siehst du dich in zehn Jahren?«
»Da bin ich ja etwa 25 … Boah. Keine Ahnung. Auf jeden Fall möchte ich mit Tieren arbeiten. Ich möchte ich selber sein, auch wenn ich noch nicht weiß, wer diese Person ist. Ich hätte gerne einen Hund und eine Freundin. Alles Weitere muss man sehen. Bis dahin kann noch so viel passieren …«
»Danke für deine ehrlichen Antworten, Elias. Ich wünsche dir noch alles Gute in der Zukunft. Lass mal von dir hören.«
»Danke. Hat Spaß gemacht. Ciao!«
Elias steht auf und verlässt genauso linkisch den Raum, wie er ihn betreten hat. Ich schaue ihm grinsend hinterher.

Ob Elias es schafft, Lee von sich zu überzeugen? Finde es heraus!
„Amicitia – Chaos zu sechst“ erscheint am 02.05.2023!
No worries,
Sarah